chemo-zeit2


...weiter geht's...

7. Chemo
Am Montag, den 06. August war es dann soweit. Wir machten uns auf den Weg nach Erlangen zur siebten Chemo (Adri). Es war das erste Mal, dass es mir richtig gut ging während dem Aufenthalt. Ich musste mich kaum übergeben und auch meine Mundschleimhäute blieben unversehrt. Ich war zusammen mit Birgit im Zimmer und gemeinsam haben wir „Stadt-Land-Fluss“ gespielt oder gebastelt. Am Freitag wurde ich abgestöpselt und es ging heim zur Erholung.

Die Zeit zu Hause verbrachte ich wieder viel mit Damijan. Außerdem bekam ich jetzt regelmäßig Krankengymnastik und Lymphdrainagen, da mein Beinchen noch immer etwas angeschwollen war. Und nebenbei fuhren wir immer wieder nach Selb, um meine Blutwerte zu kontrollieren.
 

8. Chemo
Nachdem sich meine Werte wieder normalisiert hatten, ging es am 27. August wieder weiter. Bis 12:00 Uhr mussten wir bereits in Erlangen sein, damit man mich noch in der Tagesklinik, die nur bis Mittag geöffnet hat, untersuchen konnte. Danach wurden wir wieder fortgeschickt, weil noch kein Zimmer frei war. Meine Mama hat sich deswegen fürchterlich aufgeregt. Erst am nächsten Tag wurde dann meine 8. Chemo (MTX) angehängt. Es hat mich wieder sehr geärgert, dass wir ein Tag umsonst in der Klinik bleiben mussten. Mama hat das auch bei vielen Ärzten angesprochen, aber sie erhielt kein Verständnis. Sie beschwerte sich auch über die miserablen Zustände in den Zimmern. Diese waren häufig nicht einmal mit zusätzlicher Bettwäsche, Handtüchern und Spuckschalen ausgestattet. Von den sanitären Anlagen, abgetrennt hinter einem Vorhang, der beim Öffnen der Zimmertüre unweigerlich zur Seite geweht wird, ganz zu schweigen. Der Höhepunkt war dann Freitag, als ich entlassen werden sollte. Ich wurde um halb zwölf abgestöpselt und wir mussten noch bis 14:00 Uhr auf den Arzt warten. Ich war fix und fertig. Geschwächt von der Chemo wollte ich einfach nur noch nach Hause.

Da es uns in Erlangen überhaupt nicht gefallen hat, machten sich meine Eltern auf die Suche nach einer anderen Kinderonkologie. Am folgenden Sonntag sind sie ganz spontan nach Regensburg gefahren, weil es dort auch eine Kinder-Onko gibt. Schwester Ingrid hat meine Eltern freundlich empfangen und sich gleich durch die ganze Station geführt. Diese bestand damals gerade mal aus einem Behandlungszimmer, vier Patientenzimmern, Elternküche, Spielzimmer und einem Schwesternzimmer. Prof. Dr. Johannes Wolff führte mit meinen Eltern ein längeres Gespräch und meldete uns in Erlangen ab. Die weitere Chemo wollten wir in Regensburg fortsetzen.

Gleich am nächsten Montag, den 3. September, fuhren wir zusammen nach Regensburg in die Tagesklinik zur Blutbildkontrolle. Die Blutwerte waren schlecht, ich bekam eine Transfusion und es ging wieder ab nach Hause.

9. Chemo
Am 10. September machten wir uns auf nach Regensburg zur 9. Chemo. Ich wurde angestöpselt und bereits um 12:00 Uhr wurde die Chemo (MTX) angehängt. Ich musste mich immer wieder übergeben, bekam aber gleichzeitig ein Medikament gegen die Übelkeit. Ganz geholfen hat es leider nicht.
Einen Tag später, am 11. September ruft Papa an: Wir sollen sofort den Fernseher einschalten. In New York sind zwei Flugzeuge ins Word Trade Center geflogen und es gibt tausende Tote. Diese Nachricht hat sich auf der Station in Windeseile rumgesprochen und jeder drehte den Fernseher auf. Für einen Augenblick haben wir unser eigenes Leid vergessen und an die vielen Opfer gedacht.
Nach vier Tagen Chemo ging es ab nach Hause zum Erholen.

Meine Blutwerte waren in Ordnung. Allerdings waren meine Mundschleimhäute noch etwas entzündet, deshalb musste die nächste Chemo noch ein bisschen warten.

10. Chemo
Es ging weiter am Freitag, den 21. September. Bereits um dreiviertel acht waren wir in Regensburg und es war viel Betrieb. Die Station war überbelegt und so wurden immer drei Kinder in ein Zimmer gelegt. Ich durfte mich zu Martina und Verena gesellen. Es war wirklich sehr eng in den Zimmern, aber wir hatten viel Spaß. Nachdem ich angestöpselt wurde, begann meine zehnte Chemo (IP). Ich war sehr oft müde, musste mich übergeben und hatte überhaupt keinen Appetit.

Und dann starb Luis…

Wir Mädels bekamen viel Besuch von Luis, dem kleinen Jungen mit den blonden Locken aus dem Nachbarzimmer. Er kannte Martina recht gut und wollte sie immer sehen. Auch haben sich unsere Mütter angefreundet, weil Luis noch „neu“ war auf Station. Am Sonntagabend hat er durch das Fenster gewunken, dass zwischen unseren Zimmer war. Am Montag wurden Martina und Verena entlassen und am Abend haben Mama und ich mitbekommen, dass Luis auf die Intensivstation verlegt wurde. In dieser Nacht vom 24. auf den 25. September ist er gestorben. Gerade mal zwei Jahre wurde er alt. Es war das erste Mal seit Beginn meiner Krankheit, dass ich mit dem Tod konfrontiert wurde. Ein Kind ist gestorben, dass ich gekannt habe.
Am Morgen hat Luis‘ Mama Regina angerufen. Es war gerade Visite und die Ärzte stellten mir alle möglichen Fragen. Mama nahm das Gespräch an und beendete es mir kurzen Worten. Ich wollte gleich wissen, wer es war und leise flüsterte Mama mir zu, dass Luis gestorben ist. Mehr konnte sie in diesem Moment nicht sage, weil die Ärzte immer noch redeten. Mir war es zu diesem Zeitpunkt egal, wer alles im Zimmer anwesend war, ich habe nur noch geweint. Einen Tag vor seinem Tod lief Luis noch munter rundherum.
Nach dem Schock über Luis‘ Tod ging die Therapie weiter und am Freitag wurde ich entlassen. Wir machten uns von Regensburg aus auf Richtung Ingolstadt. Es war das erste und einzige Mal, dass ich nicht zu Dr. Hillmann fahren wollte. Genau an diesem Tag fand die Beerdigung von Luis statt und dort wollte ich eigentlich sein. Ärgerlicherweise haben wir Dr. Hillmann an diesem Tag auch nicht angetroffen. Seine OP verlängerte sich und wir konnten nicht warten, weil mir fürchterlich schlecht war. Also sind wir wieder heimgefahren.

Wir starteten einen neuen Versuch am 2.Oktober. Dr. Hillmann war sehr zufrieden mit mir. Die Röntgenbilder waren ok und auch die Narbe ist schön verheilt. Außerdem durfte ich mein Beinchen mehr bewegen und musste nicht ständig die Schiene tragen.
Zu Hause durfte ich mich wieder von den ganzen Strapazen der letzten Chemo erholen. Mittlerweile wurde der Antrag auf Hausunterricht bewilligt. In den Therapie-Pausen bekam ich nun Unterricht von der Caro.

11. Chemo
Nach einer Erholungszeit von zwei Wochen, in denen ich so manche Bluttransfusion erhalten habe, ging es am 12. Oktober weiter mit der elften Chemo (MTX). Mir ging es von Anfang an beschissen. Meine Schleimhäute waren so schwer entzündet, dass ich wieder Morphium gegen die Schmerzen bekommen habe.
Am Sonntag kam Regina uns besuchen und brachte mir ein Bild von Luis mit, um das ich sie gebeten habe.
Der Zustand meiner Schleimhäute verschlechterte sich und es kamen auch noch Halsschmerzen dazu. Das Morphium musste kurzzeitig abgestellt werden, weil ich mit Juckreiz darauf reagierte. Die Chemo war mittlerweile beendet und ich bekam zu allem Übel auch noch Fieber. Ich musste also weiter auf Station bleiben. Mit dem „E.T.-Finger“ und dem Blutdruckgerät wurde ich überwacht und durch eine zusätzliche Nadel in der Vene bekam ich weitere Medikamente.
Nach ein paar Tagen verbesserte sich mein Zustand. Doch auf einmal konnte ich innerhalb von ein paar Stunden meine ganze linke Körperhälfte nicht mehr bewegen. Mir fiel es an der Hand auf, dann gehorchte der linke Fuß nicht mehr. Schließlich merke man es auch im Gesicht. Da man nicht wusste, woher diese Lähmung kommt, wurde ein Arzt gerufen. Um 21:30 Uhr kam Prof. Dr. Wolff und orderte sofort ein Kernspint vom Kopf an. So sind wir mit dem Krankenwagen mitten in der Nacht mitsamt dem Professor in die Klinik „Barmherzige Brüder“ gefahren. Es wurde das Kernspint gemacht und es gab Entwarnung. Ich habe keinen Tumor im Kopf, sondern „nur“ eine Durchblutungsstörung. Man nennt so etwas auch Schlaganfall. Wahrscheinlich als Folge vom der Chemo. Am nächsten Morgen wurde ein Ultraschall von Herz und den Blutgefäßen gemacht, um weitere Störungen auszuschließen. Hier war glücklicherweise alles ok. Täglich bekam ich nun Heparin-Spritzen, damit mein Blut verdünnt wird. Diese Spritzen waren nun bis auf weiteres mein neuer Begleiter. Mama lernte, wie sie mir das Heparin spritzen musste. Eigentlich hätte ich das auch selber machen können, aber ich konnte mich nicht dazu überwinden, mir selbst eine Nadel in den Oberschenkel zu stecken.
Jeden Tag übte ich fleißig mit meiner Hand und meinem Bein und schon zwei Tage nach dem Schlaganfall konnte ich mein Handgelenk wieder bewegen. Außerdem durfte ich vor den Ärzten viele Grimassen ziehen, damit sie den Unterschied zwischen rechter und linker Gesichtshälfte sehen konnten.
In diesen 10 Tage extra-Aufenthalt haben wir viel mit dem Nintendo „Mario Cart“ gespielt. Es war sehr lustig, denn ich hatte ja die meiste Übung und somit einen gewissen Vorteil. Allerdings konnte ich aufgrund der Halbseitenlähmung mit der linken Hand nicht steuern, sodass ich hier Hilfe benötigte. Am Wochenende war ich das einzige Kind auf Station - sehr zur Freude von mir. Somit hatte ich die ganzen Schwestern für mich alleine und wir konnten noch mehr „Mario Cart“ spielen.
Meine Eckert-Oma kam zu Besuch und brachte mir den "Pimboli“, ein Kuscheltier, mit. Außerdem hat sie für Luis‘ Bild einen schönen Diddl-Bilderrahmen gekauft.
Am 31. Oktober wurde ich spontan entlassen. Allerdings wurde ich nicht abgestöpselt sondern bekam den Rucksack mit. In diesem befindet sich eine Pumpe, damit die Infusion weiterhin laufen konnte. So konnte ich mich zu Hause erholen und bekam dennoch die benötigten Infusionen.

12. Chemo
Nach einer kurzen Erholungszeit startete am 5. November die zwölfte Chemo (Adri). Es lag wahrscheinlich am Chemo-Medikament, dass es mir so gut ging. Das Adri habe ich bis jetzt immer gut vertragen. Ich hatte sogar richtigen Appetit und wollte die ganze Zeit nur Semmelknödel essen.
Dieses Mal war ich mit Miriam auf einem Zimmer. Nachdem wir schon zwei Tage ununterbrochen Nintendo gespielt haben, wurde uns langweilig. Wir haben deshalb das Lied „die Affen rasen durch den Wald“ umgedichtet auf „die Schwestern rasen auf Station“. Für das ganze Personal der Onko haben wir für jeden einzelnen eine Strophe gedichtet. Der Krankengymnast Robert hat schließlich seine Gitarre geholt und die ganze Station hat das Onko-Lied gesungen. War das ein Spaß!
Nach vier Tagen durfte ich nach Hause zum Erholen.

Zu Hause habe ich viel geschlafen. Außerdem habe ich die Harry-Potter-Bücher 1-4 gelesen und wurde ein richtiger Fan davon. Zweimal pro Woche sind wir nach Selb gefahren, um meine Blutwerte zu kontrollieren. Einmal mussten wir aufgrund der schlechten Werte nach Regensburg fahren. Dort stieg dann meine Temperatur an und man verpasste mir einen Einlauf. Eine Nacht blieb ich dort und dann durfte ich wieder heim.
Die kommende Woche sind wir immer wieder nach Regensburg gefahren, um die Blutwerte kontrollieren zu lassen. Aber die Leukozythen wollten sich einfach nicht erholen. Da es mir trotzdem relativ gut ging, durfte ich nach Wildenau zu Oma und Opa und blieb dort zwei Nächte.

13. Chemo

Mit Oma und Opa bin ich dann am 29. November wieder nach Regensburg gefahren. Eigentlich haben wir gedacht, die Blutwerte passen immer noch nicht und ich darf wieder nach Hause. Damit lagen wir leider falsch und ich wurde gleich aufgenommen auf Station. Mama und Papa sind später nachgekommen und haben mich in einem guten Zustand aufgefunden.
Dieses Mal war ich mit Natalie und Anja in einem Zimmer. Anja musste nicht lange bleiben. Sie hatte einen „leichten“ Tumor und bekam deshalb nur zwei Chemo-Blöcke. Ich war ein bisschen neidisch, weil sie nur so kurz in der Klinik bleiben musste. Natalie hatte in Folge der Chemo eine Entzündung im Gehirn. Sie konnte sich plötzlich nicht mehr an die letzten paar Minuten erinnern.

Weihnachten/ Sylvester + 14. Chemo (mit Papa).....

Nach diesem Chemo-Block ging es mir wieder schlecht. Ich hatte Halsschmerzen und konnte nicht sprechen. Außerdem bekam ich Fieber. Deshalb sind wir am Montag, den 14. Januar außerplanmäßig nach Regensburg gefahren. Weil das Fieber nicht zurückging, musste ich dort bleiben und bekam Antibiotika. Nach drei Tagen wurde das Antibiotikum gewechselt, weil das Fieber immer noch da war. Nach diesem Wechsel verbesserte sich mein Zustand und das Fieber ging zurück. Am Samstag war ich das erste Mal wieder fieberfrei und mir ging es besser. Meine Patentante (Badi) kam zu Besuch und hat mir den Film „Der Schuh des Manitu“ mitgebracht. Meine Geschwister und mein Cousin haben ihn bereits im Kino angesehen und davon geschwärmt. Wir haben den Film gleich angesehen und er war zum total witzig und wir mussten viel lachen.

Am Sonntag bekam ich wieder Fieber und mein Zustand verschlechterte sich und bis zum Abend kam auch immer häufiger Schüttelfrost dazu. Die Ärztin meinte, diese Anzeichen sind typisch für eine Hickman-Infektion, d. h. dass der Erreger vom Infekt in meinem Hickman saß und mittlerweile resistent gegen die Medikamente war. Die einzig bleibende Möglichkeit war, den Hickman so schnell wie möglich zu entfernen.
Ich bekam noch mit, dass ich durch unzählige Gänge des Krankenhauses geschoben worden bin. Mir war kalt und ich war verwirrt. Irgendwann hat man mir dann meinen schönen Schlafanzug aufgeschnitten, weil für das Ausziehen keine Zeit mehr war. Und dann bin ich eingeschlafen...

Notizen aus Mama’s Kalender:

Montag, 21. Januar:
- gegen 3:00 Uhr morgens immer wieder Schüttelfrost
- Fr. Dr. Lindhorst: evtl. typisch für Hickman-Infektion
- Hicki operativ entfernt um 4:45 Uhr
- gegen 6:45 Uhr auf Intensiv, Andreas kommt
- wird nicht wach, soll schlafen und schmerzfrei sein, Fieber bei 38,7°
- abends fällt Blutdruck radikal
- muss wiederholt abgesaugt werden - dazu Eltern nicht erwünscht, da unangenehm anzusehen

Dienstag, 22. Januar:
- tagsüber fieberfrei, Blutdruck meist stabil, abends wieder Temperatur
- blinzelt manchmal
- Druckstelle linker Ellenbogen
- Tanja (Kind von Onkostation) auch auf Intensiv, gleiches Fieber wie bei Theresia

Mittwoch, 23. Januar:
- tagsüber fieberfrei, abends 39°
- helfe beim Absaugen, Umlagern, Waschen
- Bein liegt tagsüber in Schiene, Druckstelle am Knie außen
- reagiert abends auf Bewegung des rechten Beines indem sie den Kopf bewegt
- Blutdruck tagsüber stabil, sinkt nochmal ab
- Andreas, Johannes und Maria kommen, dürfen auf Fürsprache der Schwestern ins Zimmer
- Walter (Tanja’s Papa) bringt Pizza für mich mit
- Tanja wird auf Onko zurückverlegt
- gebe Schwester Birgit meine Handynummer, falls Theresia nachts extubiert wird

Donnerstagg, 24. Januar:
- 7:00 Uhr – Johanes fiebert, Oma kommt
- nachts wieder Blutdruckabfall – Fieber, Infektion?
- Lumbalpunktion ohne Befund
- Herzecho ohne Befund
- evtl. Knochenentzündung
- Lage unverändert
- nach Waschen und Umlagern Erbrechen, erneute Versorgung, total aufgeregt
- Blutdruck im Keller
- Franz kommt

Freitag, 25. Januar:
- nachts fieberfrei, Blutdruck stabil
- wacht bisschen auf, nach Absaugen Panik und Stress – verkrampft sich total
- Röntgen: Bluterguss in Lunge – Tubus sitzt zu tief, Umtubierung von Mund auf Nase
- weint oft, ist unruhig
- Blase bzw. Harnröhreneingang blutig
- Neubauer Oma und Opa kommen Vormittag, Opa total fertig
- Andreas kommt abends
- Klistier (Einlauf), darauf keine Reaktion

Samstag, 26. Januar:
- Röntgenbild: Verbesserung zum Vortag -  extubiert!!!
- spricht undeutlich und leicht verwirrt
- Michaela, Franziska und Eckert-Oma kommen; leider nur Kurzbesuch, da extubiert
- Theresia braucht Ruhe, atmet zu schnell
- wird immer wacher und stabiler bis abends Franz kommt
- Klistier von gestern wirkt

Email von Papa an Isabella am 26. Januar:
…Die Theresia macht uns zurzeit leider Schwierigkeiten. Seit letztem Montag liegt sie im Klinikum St. Hedwig in Regensburg auf der Intensivstation. Sie hat sich irgendeine Infektion zugezogen. Die Fieberanfälle hatten nicht nachgelassen uns so wurde entschieden, in der Nacht zum Montag den „Hicki“ raus zu operieren. Man vermutete dort einen Infektionsherd. Seit dieser OP liegt sie nun auf der Intensv, wurde in einen künstlichen Schlaf versetzt und wird auch intubiert. Der Blutdruck ist im Keller, der Puls viel zu schnell und leider auch die Temperatur immer noch zu hoch. So liegt sie wie gesagt seit Montag da. Heute Vormittag wurde die Atmungsunterstützung entfernt und sie kann mit etwas Anstrengung wieder selber atmen. Leider ist aber die Temperatur wieder bei ca. 39 Grad. Wir hoffen aber, dass e jetzt wieder aufwärts geht, wenn es aber bestimmt noch einige Zeit dauern wird, bis es wieder zurück auf die normale Station geht. Roswitha und ich haben in dieser Woche wirklich Angst um sie gehabt.
Eigentlich hätte sie noch eine Woche Chemo vor sich. Der Arzt hat zu uns gesagt: „Auf der Zielgerade wird nicht mehr gestolpert.“
So hoffen wir, dass alles gut ausgeht und wir in die nächste Etappe, die OP am Bein, starten können….

Sonntag, 27. Januar:
- ziemlich wach morgens, k.o. nach Morgentoilette
- Johanna und Stefan kommen zu Besuch
- schläft viel, starker Durchfall
- Beine kribbeln, 2x Vigantablette – 2x ½ Luminal + Schlafmittel, gegen 23:00 Uhr schläft sie ein

Langsam kam ich ins Leben zurück. Ich kann mich erinnern, dass ich sehr schwach und müde war. Ich konnte nicht einmal alleine Sitzen.
Meine Mama hat mir die Micky-Maus-Zeitschrift von dieser Woche unter die Nase gehalten. Ich habe es ihr anfangs nicht geglaubt, dass das das neue Magazin ist. Ich habe gedacht, es sei immer noch Montag und da die Micky-Maus erst am Dienstag erscheint, kann das unmöglich die aktuelle Ausgabe sein. Erst nach ein paar Erklärungen kapierte ich, dass ich mehrere Tage geschlafen habe.
Mein Bruder hat mir zwei CD’s mit meinen Lieblingsliedern zusammen gestellt. Diese hörte ich öfters mit dem Discman an. Wenn mir ein Lied nicht gefallen hat, so musste Mama auf „weiter“ drücken, da ich selbst hierzu zu schwach war.
Und ich kann mich sehr gut an die Säuglinge erinnern, die auch auf der Intensivstation lagen. Bei jeder kleinsten Bewegung der Säuglinge piepste der Überwachungsautomat - das war vielleicht nervig. Papa hat erzählt, dass ein Baby einmal den ganzen Brutkasten vollgekackt hat :-).

Montag, 28. Januar:
- sehr müde und erschöpft
- kein Fieber, CRP-Wert (Entzündungswert im Blut) von 142 auf 41 gesunken!
- isst etwas Croissant
- gegen 16:00 Uhr – zurück auf Onko!
- Andreas, Johannes und Maria kommen: erhalten für Intensiv und auch Onko Besuchserlaubnis!
- Krise, weil sie im Krankenhaus ist, will heim
- Blutdruck niedrig, bleibe bis 23:00 Uhr

Endlich war ich zurück auf der Onko. Fast jubelnd wurde ich dort empfange. Ich war froh, dass ich nun wieder in der vertrauten Umgebung war. Die Intensivstation war schon ganz schön unheimlich mit den ganzen Überwachungsgeräten und Schläuchen.
Am nächsten Tag kamen Oma und Opa Neubauer zu Besuch. Ich war noch total schwach von dem langen Liegen, aber konnte zumindest kurz alleine sitzen. Der Krankengymnast Robert schaute vorbei und machte viele Übungen mit mir, damit meine Muskeln wieder in Schwung kommen. Außerdem wurde mir mit einer Magensonde gedroht, falls ich nicht genügend esse und vor allem trinke.
Obwohl mich auch das Fernsehschauen total angestrengt hat, lief gleich wieder „der Schuh des Manitu“. Es wurde der Stationsfilm und die berühmten Aussagen wie "nicht so schnell Jaqueline, sonst kotzt du wieder", "ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden" oder "ein Indianer kennt keinen Schmerz, uns fehlen die Enzyme" waren einfach passend für uns. Wir haben wirklich viel gelacht.
"Fortsetzung folgt (verdammt schwer zu schreiben)"

15. Chemo
Aber bereits vier Tage später startete die nächste Chemo. Meiner Mama hat das gar nicht gefallen. Sie wollte unbedingt, dass ich noch etwas mehr Zeit zu Hause bei meiner Familie verbringen darf. Aber die Ärzte meinten halt, die letzte Chemo war schon eine Weile her, da sollte man nicht zu lange warten mit der nächsten.
Also startete am 8. Februar meine letzte Chemo. Die Aufnahme verzögerte sich, weil genau an diesem Tag ein Kind auf der Station verstorben ist. Da ich nun keinen Katheter mehr hatte, bekam ich meine letzte Chemo über die Vene. Mir ging es ausgezeichnet. Klar, ich war müde und mir war schlecht, aber ich hab kein einziges Mal gespuckt. Gemeinsam mit den anderen Kindern feierten wir - mal wieder - Fasching im Krankenhaus.

 

Und dann, am 12. Februar 2002 - genau ein Jahr nach Beginn meiner Krankheit - wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen!!

Wir haben in diesem einem Jahr die Hölle erlebt. Wir haben die Gesundheit zu schätzen gelernt und sind robuster geworden. Und wir haben erfahren, wie wertvoll das Leben ist. Schön aber auch schrecklich war die Zeit - und wir alle sind froh, dass ich einfach Glück hatte und überlebte.

Manchmal fragten wir uns, warum ausgerechnet wir? Irgendjemand steckte uns dann folgenden Spruch zu:

Der liebe Gott schaute auf die Erde hinunter und sah eine fröhliche Frau. Er sprach: "Dieser Frau gebe ich ein krankes Kind." Ein Engel fragte ihn: "Warum gibst du einer Frau, die so glücklich ist und lacht ein krankes Kind?" Gott sagte: "Soll ich etwa einer Frau, die das Lachen bereits verlernt hat, ein krankes Kind geben?"

 

Trotzdem war nach Therapie-Ende die Krankenhaus-Zeit noch nicht vorbei. Damit ich wieder laufen konnte, musste an meinem Beinchen noch einiges gemacht werden.

Ein Jahr lang haben wir gemeinsam in die Hölle geblickt. Dort sitzen kleine und große mutige Kinder mit Glatze und kotzen. Ihnen allen wünsche ich von Herzen den Himmel.
Sie haben ihn wirklich verdient!

Kostenlose Homepage von Beepworld
 
Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der
Autor dieser Homepage, kontaktierbar über dieses Formular!